Sonntag, 31. Dezember 2017

Passagier 23

Ein Weihnachtsfeiertag ist meist geeignet, um gemütlich zu lesen. Mehr oder weniger zufällig fiel mir der "Thriller" mit dem Namen "Passagier 23" von Sebastian Fitzek in die Hände und da der Plot gar nicht uninteressant klang, wurde das Buch meine Feiertagslektüre.



Der deutsche Vielschreiber kann eines definitiv, nämlich Page-Turner verfassen, auch wenn die Story von Seite zu Seite haarsträubender und abstruser wird. Schauplatz ist ein Kreuzfahrtschiff und zur Handlung ist nicht viel mehr zu sagen, als dass diese sicher eine gute Vorlage für einen 08/15-Hollywood-Thriller mit viel Blut und Schreckmomenten bietet. Wer sowas mag ist gut bedient und außerdem bleibt angenehm, dass der Roman ohne viel Nachdenken und ohne jeglichen Anspruch an wohlformulierte Sätze an einem freien Tag locker durchgelesen ist. Obwohl bei uns im Hause auf dem Stapel der ungelesenen Bücher noch mehrere Werke des Bestseller-Autors, der gefühlt die Hälfte des Jahres mit einem seiner Outputs die Belletristik-Rangliste in Deutschland anführt, herumliegen, wird es ein wenig dauern, bis ich mich an ein weiteres wage. Wohl wieder einmal an einem Feiertag, der entweder einen Katastrophenfilm via Flimmerkiste oder eben einen schnell gelesenen Thriller sinnvoll macht.

Auf der Website des Autors gibt es mehr zu diesem Buch und dessen weitere derzeit rund 15 Romane, die Fitzek seit 2006 allesamt höchst erfolgreich publiziert hat.

Freitag, 29. Dezember 2017

Im Meer schwimmen Krokodile

Nachdem ich vorletztes Jahr das großartige (und erschütternde) Buch "Bilal" von Fabrizio Gatti gelesen habe, bekam ich ein Werk von dessen Landsmann Fabio Geda mit dem Titel "Im Meer schwimmen Krokodile" empfohlen.



Auch dieses Buch ist ein äußerst berührendes Werk. Auf nur knapp 200 Seiten schreibt der 1972 geborene Turiner Fabio Geda, selbst Lehrer, die wahre Geschichte des Enaiatollah Aktabi nieder. Diese beginnt, als "Enaiat", wie er meist genannt wird, als rund zehnjähriger Bub von seiner Mutter aus Angst vor den Taliban aus der Heimat Afghanistan zu einem entfernten Verwandten nach Pakistan gebracht wird. Von da an schlägt sich der wahrliche Held des Buches mit vielen Rückschlagen über den Iran, die Türkei und Griechenland bis nach Italien durch, wo er schlussendlich nach einer über fünfjährigen Flucht eine neue Heimat findet.

Das Buch ist beklemmend, macht aber auch Hoffnung, da Enaiat auch durch Hilfe guter Menschen die Flucht überlebt. Es sollte (so wie das bereits vor einem Jahrzehnt erschienene Bilal) eine Pflichtlektüre in Schulen, aber auch für jene Menschen, die für "Flüchtlingspolitik" verantwortlich zeichnen, eingeführt werden. Zumindest hielte ich dies für eine gute Idee.


"Im Meer schwimmen Krokodile" wurde in deutscher Sprache bereits 2011 veröffentlicht, der Held des Buches erzählte dem Autor seine Geschichte insgesamt über einen Zeitraum von neun Monaten. Knapp nach dem 21. Geburtstag von Enaiat (der kennt seinen Geburtstag zwar nicht einmal, aber es wurde einer festgelegt) erschien das Werk in Italien! 

Samstag, 23. Dezember 2017

Ein ganzes Leben

Was für ein schönes Buch! Der österreichische Autor (und Schauspieler) Robert Seethaler zaubert auf  nicht einmal 200 Seiten die Lebensgeschichte des (fiktiven) Andreas Egger, der sein hartes und karges Dasein als verpöntes uneheliches Kind am Hof seines Onkels, der ihn regelmässig verprügelt, beginnt.



Der später als Arbeiter bei diversen Seilbahn-Errichtungen seinen Unterhalt verdienende Egger, der noch dazu körperlich gehandicapt ist,  ist alles andere als auf die Butterseite gefallen. So verliert er auch durch ein Unglück seine große Liebe, die Kellnerin Marie, die von einer Lawine begraben wird. Es ist ein trauriges und doch auch hoffnungsfrohes Buch, das einfach wunderbar zu lesen ist.

Echte Rezensionen zu "Ein ganzes Leben":
Der Spiegel
Falter
Die ZEIT

Freitag, 15. Dezember 2017

Amsterdam - Booker Prize Gewinner 1998

Ein weiterer Nachtrag vom September-Urlaub, den ich auf Karpathos zum Lesen zahlreicher Romane aus dem Stapel der ungelesenen Bücher (und der ist schon wieder angewachsen) genutzt habe. Schon lange auf der Liste stand beispielsweise "Amsterdam" von Ian McEwan.



Vom britischen Autor durfte ich bereits einige Romane lesen, manche haben mich regelrecht begeistert ("Solar", "Liebeswahn" oder "Kindeswohl"), andere haben mir zumindest recht gut gefallen ("Saturday", "Der Zementgarten" oder "Unschuldige"). Auf "Amsterdam" war ich besonders gespannt, erhielt der nunmehr fast 70jährige Autor dafür doch anno 1998 den renommierten Booker Prize und gefielen mir einige der damit ausgezeichneten Romane außergewöhnlich gut (wie "Schiffbruch mit Tiger" von Yann Martel, "Die letzte Runde" von Graham Swift, "Jesus von Texas" von DBC Pierre oder "Der weiße Tiger" von Aravind Adiga).

"Amsterdam" startet dann auch recht furios, flacht dann aber leider etwas ab. Zwei Freunde, die sich am Grab einer gemeinsamen Freundin (genauer Liebhaberin) schwören, im Bedarfsfalle mal gegenseitig Sterbehilfe zu leisten. In einem ziemlich konstruiert anmutenden Ende halten sie dieses Versprechen übrigens auch, wenn auch nicht unbedingt so wie geplant.

Die grundsätzlich hochinteressante Story hat mich einfach nicht so richtig gepackt, vielleicht hatte ich aber nur einen schlechten Lesetag, mein Fazit lautet aber: Kann man lesen, muss man aber nicht gelesen haben. Der SPIEGEL bietet online eine echte Rezension vom Sommer 1999, damals erschien das Buch in deutscher Sprache.

Sonntag, 3. Dezember 2017

Wiener Straße

Der neue Roman von Sven Regener, sehr bekannt als Sänger der feinen Band "Element of Crime", kann wieder Einiges. Schon die Vorgänger "Herr Lehmann" (der junge Mann spielt auch hier wieder eine elementare Rolle), "Neue Vahr Süd" (für mich sein bester Roman), "Der kleine Bruder" und zuletzt "Magical Mystery Tour" haben mir wunderbare Lesestunden beschert.



Nicht anders ist es bei "Wiener Straße", die in dem Fall jene in Berlin ist und in der sich wieder, dieses Mal zeitlich zwischen Roman 1 und 2 angesiedelt (November 1980, wenn ich mich recht erinnere ähnlich wie Roman 3), die Clique aus dem "Herr-Lehmann-Universum" ist quasi vollzählig vertreten. Regener führt die Leser in das schräge Cafe Einfall, stellt ein noch schrägeres österreichisches Aktionskünstlerteam vor, das nebenbei ein Haus besetzt und den schönen Namen ArschArt führt, und gibt es ein Wiederlesen mit Karl Schmid, der bei "Magical Mystery Tour" der Hauptprotagonist war. "Wiener Straße" ist wunderbar kurzweilig, eine kleine Zeitreise in längst vergessene Zeiten (Mauer, Eiserner Vorhang) und einfach schön schräg, inklusive völlig abgefahrener Dialoge und Szenen, die einfach zum Auflachen zwingen!