Samstag, 27. August 2022

Shuggie Bain

Dieser Roman schafft es mehr als fix in meine Top-5-Liste der in diesem dritten Corona-Jahr gelesenen Bücher! Es handelt sich um das Debüt des im Mai 1976 geborenen Schotten Douglas Stuart mit dem schönen Titel "Shuggie Bain" (so auch im 2020 im Original erschienen), der eine ganz und gar nicht schöne Geschichte aus einem Arbeiterviertel seiner Heimatstadt Glasgow - angesiedelt in den 1980-er-Jahren - erzählt!




"Shuggie Bain" ist keine ganz leichte Kost, mehr als eine prekäre Verhältnisse werden eindrucksvoll geschildert, besonders das massive Alkoholproblem von Agnes Bain, der Mutter des titelgebenden Buben Shuggie. Und bei aller Traurigkeit der Geschichten in der trostlosen Arbeitersiedlung vermag es der Autor, der hoffentlich bald einen Nachfolge-Roman vorlegen wird, mit wunderbarem Humor der Leserschaft oft ein Lächeln, wenn nicht sogar Auflachen, hervorzuzaubern. Ein ganz großes Buch, eines, bei dem man auch nach knapp 500 Seiten hoffen würde, dass es noch lange nicht ausgelesen wäre. 

Für "Shuggie Bain" wurde Douglas Stuart 2020 mit dem "Booker Prize" ausgezeichnet, aus meiner Sicht nach der Lektüre mehr als hochverdient! 

Mehr dazu u.a. hier:
NDR 

Samstag, 20. August 2022

Vaduz - kein Pflaster für Fußballfeste

2006 war ich zum ersten Mal in meinem Leben im Fürstentum Liechtenstein. Grund war ein Freundschaftsspiel mit dem österreichischen Nationalteam unter dem damaligen Teamchef Josef Hickersberger. Der "Ausflug" blieb mir nicht in guter Erinnerung, das Match war grottenschlecht, aber wurde zumindest mit Ach und Krach 2:1 gewonnen (danke nochmal, Gyuri Garics!). Damals in der Innenverteidigung übrigens ein gewisser Ferdinand Feldhofer, der seit Ende November 2021 der Cheftrainer "meiner" Rapid ist - und ein ganz feiner Kerl obendrauf! 

Doch auch 2022 war der "Ausflug" alles andere als erfreulich. Es fühlte sich kaum wie eine Europacupreise an, von Wien aus ging es am Tag vor dem Spiel mit der AUA nach Friedrichshafen, von dort fast eine Stunde nach Götzis. In dem Örtchen in Vorarlberg wurde das Teamhotel bezogen, ins Rheinpark-Stadion zu Vaduz ging es lediglich zu Pressekonferenz und Abschlusstraining sowie natürlich zum Spiel selbst, das am 18. August über die Bühne ging und zumindest akustisch ein Heimspiel war, weit mehr als 1.000 Rapidlerinnen und Rapidler waren live mit dabei in der Hauptstadt des Fürstentums. Das Beste an diesem Abend: Trotz absolut inferiorer erster Halbzeit gab es am Ende keine Niederlage, sondern zumindest ein 1:1-Remis. Es hätte noch viel schlimmer kommen können, doch auch das Rückspiel wird kein Selbstläufer sein, nach dem gleichen Hinspielergebnis gewannen die Vaduzer (derzeit in der 2. Schweizer Liga engagiert, aber als Cupsieger von Liechtenstein für die UEFA Europa Conference-Quali spielberechtigt) in Konya sensationell mit 4:2 und Konyasport beendete die türkische Süper League in der Vorsaison auf dem 3. Platz. Das sollte Warnung genug sein......

Hier einige wenige Impressionen von einer Europacupreise, auf die ich in der Form gerne verzichtet hätte......






















Samstag, 6. August 2022

Baku - Part II

2011 durfte ich mit dem österreichischen Nationalteam erstmals nach Aserbaidschan, in die Hauptstadt Baku, reisen. Damals gelang ein 4:1-Auswärtssieg in einem ganz kleinen Stadion (dem "Dalga-Stadion", wenn ich mich recht entsinne), nun ging es mit dem SK Rapid knapp elf Jahre später wieder ans Kaspische Meer - gekickt wurde dieses Mal im Rahmen der dritten Qualifikationsrunde zur UEFA Europa Conference League - zu einem Gastspiel beim Neftçi PFK aus Baku, das in der 2012 eröffneten Bakcell-Arena (ab 2013, vorher hieß es 8-ci Kilometr Stadionu) ausgetragen wurde. 

Es war die Europacupreise, bei der die grün-weiße Mannschaft die meisten Kilometer zurücklegen musste, insgesamt betrug die Strecke jeweils 1.623 nautische Meilen (rund 3.000 Kilometer), wie ich vom Kapitän des AUA-Airbus "Marchfeld" höchstpersönlich erfragen durfte. Aufgrund des gesperrten Luftraums über der Ukraine und der Russischen Föderation kamen zur gewohnten Strecke noch ein paar Kilometer dazu und somit eine Spur weiter als in den 1980er-Jahren zu einem Gastspiel bei Fram Reykavik auf Island. Dort gab es damals übrigens eine 1:2-Niederlage und das wenige Monate nach dem Einzug ins Europacupfinale - allerdings flogen Hans Krankl und Co seinerzeit mit einem komfortablen 3:0-Vorsprung aus dem Hinspiel in den hohen Norden. 

Egal, 2022 war es das Hinspiel und knapp nach 9:30 Uhr ging es am 3. August in einem fast vierstündigen Flug von Wien-Schwechat zum hypermodernen Airport Baku, benannt nach dem ehemaligen Präsidenten Heidar Alijew (praktischerweise ist nun sein Sohn Ilham Alijew, der dem Herrn Papa 2003 direkt nachfolgte, Staatsoberhaupt). Die Einreise dauerte ziemlich lange, Visa und Kontrolle der Impfzertifikate wurden penibelst vorgenommen, so dass wir erst rund 90 Minuten nach der Landung mit dem Bus in die Stadt starten konnten. Vorher wurden wir vom freundlichen österreichischen Botschafter, Thomas Schuller-Götzburg, auch noch herzlich begrüßt, der Diplomat stand uns schon im Vorfeld und auch vor Ort hilfreich zur Seite! Die Zeitumstellung (in Baku ist MESZ plus 2) tat ihr übriges und so hatten wir ein einigermaßen dichtes Programm. Nach dem Check-In im Teamquartier, einem mondänen Mariott Hotel direkt an der Boxenstraße des Formel-1-Grand-Prix, stand ein sehr spätes Mittagessen auf dem Programm. Zudem noch die eine oder andere Aufnahme für Rapid TV, jene rund ums Abschlusstraining mit Zoki Barišić und Steffen Hofmann geplanten, nahmen wir noch direkt beim Hotel vor. Die beiden wollten das Champions-League-Qualifikationsspiel zwischen Qarabag (eliminierten in der vorigen Runde den Schweizer Meister FC Zürich mit Franco Foda auf der Trainerbank der Eidgenossen) gegen Ferencvaros Budapest beobachten und ich durfte mich netterweise anschließen, während mein werter Kollege Mario in der Bakcell Arena die Leitung der internationalen Pressekonferenz übernahm. Österreichische Journalisten waren leider mit Ausnahme des ORF-Kollegen Martin Lang ohnehin nicht dabei! Das Match am Mittwoch war dann ein echtes Erlebnis, die Hausherren bestimmten die Partie und die Gäste aus Ungarn, unsere grün-weißen Freunde, mussten mit dem 1:1-Remis mehr als zufrieden sein. Gespielt wurde im ehemaligen Nationalstadion, dem Tofiq-Behramov-Stadion, das mit mehr als 30.000 lauten Fans restlos ausverkauft war. Das Stadion ist übrigens nach jenem Linienrichter benannt, der 1966 beim Wembley-Tor eine Hauptrolle spielte. 

Am Matchtag selbst - Kick-Off war um 21.00 Uhr Ortszeit - blieb erfreulicherweise auch noch etwas Zeit für einen Stadtrundgang, der bei gefühlt 40 Grad zwar extrem schweißtreibend, aber trotzdem lohnenswert war. Baku ist eine interessante Stadt, die Tradition und Moderne verbindet und laut Wikipedia etwas mehr als 2 Millionen Einwohner beherbergt, laut unserem Guide aber mindestens doppelt so viele. Wer weiß es schon?

Unser Match selbst machte leider weniger Freude, bei tropischen Bedingungen und auf einem Krautacker setzte es am Ende eine Niederlage, das Ergebnis war eine Wiederholung des Scores, den es bei der bis dahin längsten (nach Kilometern) Europacup-Reise von Rapid war - 1:2. Gold wert könnte noch der Anschlusstreffer werden, dieser gelang (übrigens hochverdient) Guido Burgstaller in der sprichwörtlich letzten Sekunde, die Match-Uhr stand auf 95:02, die Nachspielzeit war mit vier Minuten angesetzt! Nach Spielende und Pressekonferenz ging es flugs wieder retour zum Airport, bei dem um Mitternacht noch großer Bahnhof war. Gegen 2:45 Uhr Ortszeit hob der AUA-Airbus ab, knapp vier Stunden später landeten wir saumüde, aber wohlbehalten wieder in Schwechat und vor 6:00 Uhr schaffte es niemand vom grün-weißen Tross ins Bett. 

Hier ein paar Impressionen von Baku 2022!