Donnerstag, 23. Januar 2020

Leb wohl, Herr Körner!

Das erste Telefonat des heutigen Tages (23. Jänner 2020) war zwar kein Schock, aber brachte eine sehr traurige Nachricht. Ich wurde von Andy Marek informiert, dass der legendäre Alfred "Fredi" Körner, mit 93 Jahren der älteste Rapid-Spieler,  wenige Stunden zuvor im Hartmann-Spital in seiner Heimatstadt Wien verstorben ist. Andy hatte "Körner II", wie er als Aktiver genannt wurde, noch am Montag besucht und steht regelmässig in Kontakt mit seinem Sohn.

Fredi Körner war ein Phänomen, ein großer Rapidler und liebenswerter Mensch. Natürlich habe ich ihn selbst nie spielen gesehen und erst persönlich kennenlernen dürfen, als er bereits Mitte 70 war. Wie das geschah? In unmittelbarer Nähe meines ersten Büros beim SK Rapid, im Bauch der Südtribüne des damaligen Gerhard-Hanappi-Stadions, traf Herr Körner (den ich bis zuletzt immer so nannte, das gebot der Respekt) jeden Freitag im VIP-Club ehemalige Mitspieler und Weggefährten von diversen Wiener Fußballclubs. Es war eine interessante, ja teilweise kauzige Runde, wo beispielsweise der legendäre Otto "Stopperl" Fodrek (der verstarb 2016 im Alter von 95 Jahren, auf abseits.at gibt es sehr lesenswerte Artikel über ihn) regelmäßig seinen Flohmarkt mit Hemden und anderen "Schnäppchen" veranstaltete. Natürlich wurden - vorgetragen mit dem typischen Wiener Schmäh - allerhand Wuchteln und Erinnerungen aus der Vergangenheit der leider immer kleiner werdenden Runde ausgetauscht. Herr Körner benötigte öfter kleine Hilfe, vorzugsweise Kopien von irgendwelchen Aufzeichnungen oder Zeitungsartikeln, die ich ihm gerne machte und brachte. Es dauerte nicht lange, bis er mich einlud, mich dazu zu gesellen - "setz die her, Burli und horch zua und trink an Spritza" - das waren in etwa die ersten Worte. Irgendwie schloss mich Herr Körner, der mir immer wieder von "ganz lieben Bekannten und Freunden" aus meiner Geburtsstadt Wels erzählte (einen Nachkömmling durfte ich ihm 2019 als Überraschungsgast sogar noch vorstellen) und mir irgendwann den - allerdings liebevoll gemeinten - Spitznamen "Attrappe" verpasste. Ich habe keine Ahnung, warum. Vielleicht als Ausgleich zum "Marktschreier", wie er Andy Marek über Jahrzehnte augenzwinkernd rief.

Auch gutes Essen gab es bei den Alt-Internationalen stets, gekocht hat oft (wenn er nicht gerade ein paar Monate auf Mallorca weilte) ein ebenfalls etwas älterer Herr mit prägnanten Rübezahl-Bart. Der wohnte so wie ich in Margareten und war ebenso wie Herr Körner immer sehr dankbar, wenn ich ihn am oft sehr späten Freitagabend mit dem Auto mitnahm. Auch das alte Rapid-Lied, das mittlerweile wieder Einzug in das Vereinsleben gefunden hat (was auch ein sehr großer Wunsch der Familie von Gerhard Hanappi war) und den Fredi-Körner-Marsch hörte ich in den einstigen "BÖFL"-Räumlichkeiten oftmals. "BÖFL" steht übrigens für "Bund Österreichischer Fußball-Lehrer", Fredi Körner war einer der Mitbegründer.

Die Geschichten seiner außerordentlichen Fußballer-Laufbahn sind ohnehin hinlänglich bekannt, ganz besonders stolz war er neben den 7 (!) Meistertiteln mit Rapid und Platz 3 bei der WM 1954 auf den 3:1-Sieg gegen Real Madrid im Jahr 1956 (hätte es damals schon die Auswärtstorregel gegeben, wäre Rapid nach einer 2:4-Niederlage im Bernabeu aufgestiegen und hätten sich die "Königlichen" ihre Siegesserie im Meistercup - im noch jungen Europapokal - aufmalen können), ein 6:1 in einem Testmatch gegen Arsenal und - was nicht viele wissen - auf seine Teilnahme bei den Olympischen Sommerspielen 1948 in London!

Schon vor einigen Tagen haben wir gehört, dass es Herrn Körner gar nicht gut geht, irgendwie hofft man bei einem scheinbar so unverwüstlichen Menschen ("an Doktor hab ich nie braucht") aber doch, dass er sich wieder erfängt, war er doch bis zum letzten Dezember quasi bei jedem Heimspiel live mit dabei (stets der erste beim Öffnen des VIP-Clubs und nicht selten einer der letzten beim Adieu sagen nach einem oder mehreren "Scheidebechern", wie er zu sagen pflegte) und ebenso Stammgast bei allen relevanten Vereinsveranstaltungen.

Besonders gerne denke ich an meinen 30. Geburtstag zurück. Ein leider viel zu früh verstorbener Freund von mir organisierte am 26. April 2003 für mich im alten Rapid-Dorf eine Überraschungsparty und meine Freude war sehr groß, als dort auch Herr Körner auftauchte und mich mit einem Präsent beehrte. Eine kleine Standuhr im Namen der "Alt-Internationalen" wurde es und obwohl sie optisch damals wie heute nicht unbedingt meinem Geschmack entspricht, halte ich sie natürlich in Ehren. Und mein Papa, der den Fußballsport stets verfolgt hat und ebenfalls der Party beiwohnte, fand in Herrn Körner an diesem sehr lustigen Abend einen Gesprächspartner, mit dem er auch im Traum nicht gerechnet hätte. Siehe Foto unten!

Es bleibt nicht mehr als zu konstatieren, dass ich sehr dankbar und stolz bin, Herrn Körner so lange persönlich gekannt zu haben. Er war ein besonderer Mensch und wird bei uns Rapidlern unvergessen bleiben. Leb wohl und ruhe in Frieden, Herr Körner!

Ich hoffe, dass es mir möglich ist, ihm die letzte Ehre zu erweisen, geht es doch Anfang kommender Woche ins Trainingslager. Sicher bin ich irgendwie, dass er von irgendwo "oben" seinen Grün-Weißen weiter zuschauen und dabei lautstark "Rapid bin ich und sag es stolz" intonieren wird!


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