Sonntag, 29. Dezember 2024

Ein schönes Ausländerkind

Feinste Lektüre zwischen den Jahren, wie man so schön sagt! Die Autorin, unter dem Pseudonym "Toxische Pommes" vor allem ein Social Media-Star (okay, ging an mir vorbei, aber jetzt werde ich auch auf Instagram folgen), ist meines Wissens eine Doktorin der Rechtswissenschaften und legt mit ihrem "autofiktionalen" Romandebüt "Ein schönes Ausländerkind" gleich mal ein wunderbares Werk vor, das leider nur einen Nachteil hat: Mit rund 200 Seiten beschränkt sich die Lesefreude auf wenige Stunden!




"Toxische Pommes", die lediglich ihren Vornamen Irina preisgibt, kam mit ihren Eltern zu Beginn des schrecklichen Krieges am Balkan in den 1990er-Jahren nach Österreich, genauer ins niederösterreichische Wiener Neustadt. Im Roman, der mich schon mit dem sechsseitigen Prolog voll gepackt hat, gibt es aufgrund der pointierten Formulierungskunst der Autorin oft Grund zum Schmunzeln, darüber hinaus bedient der Text viele erwartete Klischees sowohl über Österreich als auch über die ehemaligen Teilstaaten von Jugoslawien. Aber nie bösartig und zudem zeigt das Schicksal der Familie, die neben dem "schönen Ausländerkind" (keine Geschwister) in Wiener Neustadt lediglich noch aus der rasch integrierten Mutter und dem mit der deutschen Sprache fremdelnden Vater, der ewig keine Arbeitserlaubnis bekommt, besteht. Wie (oft sinnlos) schwierig es ist, die rot-weiß-rote Staatsbürgerschaft zu erhalten, ist nur ein wichtiges Thema, das in diesem lesenswerten Buch durchaus amüsant behandelt wird. Bitte mehr davon, Frau Dr. Toxische Pommes! 


Mehr zu "Ein schönes Ausländerkind":
ORF Topos
Tagesanzeiger
SWR
DER STANDARD
NZZ

Donnerstag, 26. Dezember 2024

Sleeping Beauties

Normal lese ich ja seit zumindest einem Jahrzehnt jeden neuen Roman von Stephen King "asap" nach der Veröffentlichung. Bei "Sleeping Beauties", erschienen in deutscher Sprache im November 2017, dauerte es etwas länger. Der "King of Horror" verfasste diesen "Ziegel" (rund 950 Seiten) mit einem seiner Söhne, Owen King. Und wieder einmal gilt: Eine Story kann gar nicht so absurd sein, dass sie vom Vielschreiber nicht zu einem Pageturner gemacht werden könnte!




Für mich ist es bereits Roman Nummer 36 des 1947 in Maine geborenen Bestseller-Autors, dazu kommt das damals in sechs Teilen als Fortsetzungsstory und später toll verfilmte "The Green Mile". "Sleeping Beauties"  - auf Deutsch sollte das Buch daher eigentlich "Dornröschen" heißen - ist eine ziemliche Abrechnung mit dem eigenen Geschlecht, das Männer fast zu hundert Prozent für die schrecklichsten Ereignisse der Menschheitsgeschichte verantwortlich zeichnen, ist aber nicht unbekannt. In "Sleeping Beauties" wachen auf alle Fälle plötzlich Mädchen und Frauen, sobald sie eingeschlafen sind, nicht mehr auf. Rund darum spannen King senior und junior mehrere Storys, ein klassischer Horror--Roman ist es übrigens (wie so oft bei King) nicht geworden. Leider zog sich bei mir die Lektüre (wie immer im letzten Jahresdrittel) etwas. Begonnen am vorletzten Tag des wunderbaren Oktober-Urlaubs auf Kreta, dauerte es für die weiteren rund 600 Seiten leider bis tief in den Spätherbst bis zum letzten Satz. Trotzdem ein Lesevergnügen für King-Fans wie mich. 

Mehr zu "Sleeping Beauties":
Süddeutsche Zeitung
Die ZEIT 
Deutschlandfunk Kultur

Samstag, 14. Dezember 2024

Zypern im Dezember

Letzte Europacupreise in diesem intensiven zweiten Fußball-Halbjahr 2024: Nach Polen, zweimal Türkei, Portugal und Moldau hieß die sechste Destination Zypern. Gastspiel bei Omonia Nikosia am Spieltag 6 der UEFA Conference League und eine gute Gelegenheit, die beim 1:1 in Wien-West-Hütteldorf Ende November gegen Shamrock Rovers leichtfertig verpasste fixe Qualifikation für das Achtelfinale nachzuholen. Ein Sieg wäre nämlich zu 99,9 Prozent genug dafür! 

Doch es sollte ganz anders kommen, die drittgrößte Mittelmeerinsel bleibt einfach kein gutes Pflaster für Spiele von Rapid. Auch im fünften Versuch gelang wieder kein Sieg, es setzte sogar mit einem (aufgrund der zweiten Halbzeit) nicht unverdienten 1:3 eine Niederlage.

Die Reise verlief recht komplikationslos, knapp nach 10:00 Uhr hob unsere Maschine der polnischen „Enter Air“ in Schwechat ab und um 13:58 Uhr Ortszeit erfolgte überpünktlich die Landung in Larnaka. Fast zeitgleich mit der Mannschaft von NK Celje, die aus Slowenien kommend zu ihrem Europacupmatch beim FC Paphos kamen (und tags darauf auch verlieren sollten….).

Rund 45 Minuten per Bus ging es weiter ins Teamhotel, ein gut ausgestattetes Hilton in der Hauptstadt der Republik Zypern und nach einem späten, aber sehr feinen Mittagessen ging es mit dem üblichen Auswärtsprogramm weiter. Aufgrund starken Verkehrs und fehlender Polizei-Eskorte starteten wir die Pressekonferenz (neben Coach Robert Klauß dieses Mal mit dabei Jonas Auer, der schon einige Male auf Zypern spielte) mit wenigen Minuten Verspätung. Das Interesse der zyprischen Medien hielt sich in engen Grenzen, der Heimverein stellte selbstbewusst keinen Dolmetsch, auch am Spieltag nicht. Auch recht…..

Nach dem Abschlusstraining nutzten ich und ein paar andere die Möglichkeit für einen kleinen Ausflug in das historische Zentrum der geteilten Stadt Nikosia, natürlich mit einem Besuch des Fußgänger-Grenzüberganges, ein quasi kleiner Bruder des berühmten Berliner Checkpoint Charlie. Wir freuten uns nicht nur über den knapp nach Ende des Abschlusstrainings fixierten Aufstiegs der Jung-Rapidler in der UEFA Youth League über den FC Basel, sondern auch über den Besuch eines wunderbaren Lokals, in dem wir sensationelles Essen (inklusive Souvlaki, Haloumi, etc.) und feine Getränke zu erstaunlich günstigen Preisen genießen konnten. 

Am Matchtag selbst blieb ungewöhnlich viel Zeit, da die Partie erst um 22:00 Uhr Ortszeit begann. Sie war dann eher zum Vergessen, der zwischenzeitlich Hoffnung gebende Ausgleich von Dion Beljo war leider nur ein Strohfeuer. Doch noch ist viel möglich, ein Heimsieg am 19. Dezember gegen Kopenhagen würde wohl nach wie vor mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für einen Platz unter den Top-8 reichen und damit gleichbedeutend mit der direkten Qualifikation für das Achtelfinale im März sein. Sonst geht es in der Zwischenrunde im Februar weiter, also fix ist, dass wir im ersten Halbjahr 2025 zumindest zwei weitere grün-weiße Europacupabende erleben dürfen. 

























Sonntag, 1. Dezember 2024

Demon Copperhead

Vorab: Ich habe "David Copperfield" von Charles Dickens nie gelesen, vielleicht aber sollte ich das mal nachholen. Pate für den Schmöker "Demon Copperhead" der US-Autorin Barbara Kingsolver, die mir bis vor kurzem völlig unbekannt war, stand nämlich dieser englische Klassiker, der 1849/50 erstmals erschienen ist.




Der im Original 2022 und in deutscher Sprache heuer erschiene "Ableger" ist der 1955 in Maryland geborenen Autorin auf alle Fälle mehr als gelungen. Ein geniales Werk, trotz seiner mehr als 850 Seiten nicht zu ausufernd geraten, im Gegenteil. Zumindest ich hätte gerne noch mehr davon gehabt. Die Autorin lässt die Leserschaft in das mehr als schwierige Leben der titelgebenden Hauptperson förmlich eintauchen. Halbwaise, die anfangs noch lebende Mutter stirbt an einer Überdosis und Demon Copperhead beginnt seine Reise in Waisenheime und zu fast durchgehend ausbeuterischen Pflegefamilien. Eine packende, wenngleich oft auch depremierende Story, die viel Kritik am US-amerikanischen Sozialsystem erkennen lässt. Aber das sollte man selbst lesen in diesem 2023 mit dem Pulitzer Preis völlig zurecht ausgezeichneten Roman von Barbara Kingsolver! 

Mehr zu "Demon Copperhead":
Die ZEIT
NDR 
Denis Scheck in der ARD-Literatursendung "Druckfrisch" 
BR24
ORF TOPOS